Wenn sich unsere Lebensumstände verändern, verschieben sich unsere Prioritäten hinsichtlich der Werte, die uns wichtig sind. Durch COVID-19 haben sich unsere Lebensbedingungen in den letzten Monaten drastisch verändert: leere Büros, Flughäfen und Schulen. Wie haben sich unsere Werte in der Krisenzeit gewandelt? Inwiefern hat sich unser Purpose an diese neuen Lebensumstände angepasst? Wie hat die Pandemie die Werte und Kultur von Organisationen beeinflusst? Und was sind die aufkommenden Prioritäten von Regierungen, Unternehmen, Mitarbeitern, und Bürgern?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat das Barrett Values Centre Ende April eine weltweite Umfrage mit 2.520 Teilnehmern durchgeführt. Die spannenden Ergebnisse ihres Global COVID-19 Culture Assessment möchte ich Ihnen in diesem Blogbeitrag in Kürze vorstellen.
Die Teilnehmer wurden dabei nach ihren persönlichen Werten gefragt. Sie sollten 10 Werte/Verhaltensweisen aus einer Liste auswählen, die am besten widerspiegeln, wer sie sind. Außerdem wurden sie gebeten, 10 Werte bzw. Verhaltensweisen auszuwählen, die ihrer Erfahrung nach am besten beschreiben, wie ihre Organisation vor den Auswirkungen von COVID-19 gearbeitet hat, und 10 Werte, die am besten beschreiben, wie ihre Organisation im derzeitigen COVID-19 Klima arbeitet. Die vierte Frage bezog sich auf die 10 Werte und Verhaltensweisen, von denen sie glauben, dass sie für die Organisation wichtig sind, um sich nach COVID-19 wieder zu erholen und zu gedeihen.
Diese Themen findest du in diesem Blogartikel
Rasante Transformation – Die Ergebnisse des Global COVID-19 Culture Assessment
Die Ergebnisse des Global COVID-19 Culture Assessment sind wirklich bemerkenswert: Die Unternehmenskultur und Werte haben sich stark gewandelt in der Krise – und das in einem rasanten Tempo. Die kulturelle Transformation, die in den Organisationen aufgrund der COVID-19 Situation innerhalb von 6 Wochen stattgefunden hat, würde unter normalen Bedingungen 5 bis 7 Jahre dauern. Es hat eine enorme und noch nie dagewesene Verschiebung in der Kultur vor der Krise und der aktuellen Kultur in so kurzer Zeit stattgefunden.
Die persönlichen Werte haben sich verschoben
Während COVID-19 haben sich die Prioritäten der Menschen verschoben. Am häufigsten wurden die Werte Kontinuierliches Lernen und Familie genannt. Zudem haben viele neue Werte an Bedeutung dazugewonnen. Zu den Top 10-Werten in Zeiten der Coronakrise zählen Etwas bewirken, Anpassungsfähigkeit, Wohlbefinden und Fürsorglichkeit. Dies zeigt, was den Menschen während der Pandemie wichtig ist: sich anzupassen, offen für neues zu sein und sich auf die Zukunft vorzubereiten. Aber auch Gesundheit, Familie und Fürsorge spielen während der Gesundheitskrise eine besondere Rolle.
Neue organisatorische Erfahrung
In der aktuellen Kultur der Organisationen fand ebenso eine Verschiebung in den Werten statt: Während die Arbeitsweise vor COVID-19 vor allem durch Leistung, sowie Kontrolle und Hierarchie geprägt war, zeigte sich während der Pandemie ein stärker auf die Menschen fokussierter Ansatz. Sich der Bedürfnisse der Menschen bewusst zu sein, sich an die verändernden Lebensumstände anzupassen, Zusammenarbeit und Teamwork – dadurch zeichnen sich Organisationen in Krisenzeiten aus. Der ergebnisorientierte Ansatz, mit Fokus auf High Performance und Finanzielle Stabilität, hat sich verschoben zugunsten eines Fokus auf den Menschen, auf die Gesundheit der Mitarbeiter, und auf eine gesunde Work-Life-Balance. Restriktive Praktiken wie Bürokratie, Kontrolle oder Kostenreduktion haben an Bedeutung verloren. Stattdessen stehen Werte wie Anpassungsfähigkeit, Agilität und Digitale Anbindung/Konnektivität, die für erfolgreiches Krisenmanagement notwendig sind, im Mittelpunkt.
Die Kulturen sind gesünder
Man könnte vermuten, dass sich Unternehmenskulturen in der COVID-19 Krise stärker durch Angst definieren. Stattdessen sind sie jedoch gesünder als zuvor. Die Kulturelle Entropie in den Organisationen hat abgenommen – sie ist von 20 % auf 17 % gesunken. Das bedeutet, dass weniger potenziell limitierende Werte ausgewählt wurden. Die potentiell limitierende Werte haben sich außerdem verschoben. In Zeiten der Coronakrise spielen Bedenken wie Bürokratie, Hierarchie und Kontrolle eine weniger große Rolle. Dafür aber Vorsicht, Verwirrung und Arbeitsplatzunsicherheit.
Wohin fließt die Energie?
Auch auf den Ebenen des Barrett Modells lassen sich deutliche Veränderungen beobachten. Das Modell zeigt, worauf sich die Energie der Organisationen fokussiert. Vor COVID-19 lag der Fokus vor allem auf Ebene 3, Performance, und Ebene 1, Überleben. Während der Krise hat sich der Fokus jedoch verschoben. Die meisten gewählten Werte liegen während COVID-19 auf Level 4, Transformation, z. B. (ausgewogenes) Verhältnis zwischen Berufs- Privatleben und Kontinuierliches Lernen. Das verdeutlicht den Wunsch sich weiterzuentwickeln, zu transformieren und zu wachsen.
Die Top-10-Werte haben sich stark verschoben. 8 der 10 am häufigsten ausgewählten Werten sind neu hinzugekommen. Dazu zählen Anpassungsfähigkeit, Digitale Anbindung/Konnektivität, Fürsorglichkeit, Mitarbeitergesundheit, Informationen teilen, Agilität, (ausgewogenes) Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben und Zusammenarbeit durch die ganze Gruppe. Geblieben sind Kostenreduzierung und Teamarbeit. Dabei wurden vermehrt positive Werte und weniger potenziell limitierende Werte als vor COVID-19 ausgewählt. Diese Werte erfahren die Menschen zur Zeit und geben diesen auch zukünftig eine Bedeutung.
Was ist notwendig um sich zu erholen und zu gedeihen?
Viele der Werte, die während der Krise von Bedeutung sind, werden auch für die Zukunft gefordert. Aber es werden auch neue Werte gefordert, die uns helfen können, wieder aus der Krise zu kommen (Post COVID): Mitarbeitereinbindung, Innovation, Kontinuierliches Lernen und Offene Kommunikation.
Am meisten an Bedeutung dazu gewonnen haben während der Coronakrise die Werte Belastbar unter Druck, Informationen teilen, Resilienz und Digitale Anbindung/Konnektivität – alles wichtige Werte bzw. Verhaltensweisen für ein erfolgreiches Krisenmanagement. Aber auch Mitarbeitergesundheit, Sicherheit, Wohlbefinden, Mitgefühl und Agilität werden verstärkt in den Unternehmen gelebt. Das Wohl der Mitarbeiter, Sicherheit und Gesundheit nehmen in dieser globalen Gesundheitskrise einen besonders hohen Stellenwert ein.
Insgesamt hat COVID-19 zu einem enormen und extrem schnellen Wandel in den Werten und der Unternehmenskultur beigetragen. Offen bleibt zum aktuellen Zeitpunkt jedoch die Frage, ob diese Verschiebung nur eine Momentaufnahme ist und wir nach der Krise wieder zur Situation vor Corona zurückkehren.
Die Ergebnisse des Global COVID-19 Culture Assessment finden Sie hier.