Gut die Hälfte der diesjährigen Fastenzeit vom 1. März bis 16. April ist vorüber. Mich begleitet der Kalender „7 Wochen ohne“ zur Fastenaktion der evangelischen Kirche durch diese Tage. 2017 steht die Aktion unter dem Motto: 7 Wochen ohne „sofort“. Und ich kann sagen, dass die täglichen Impulse über das kleine und das große „Sofort“ in unserem Leben mich sehr berühren.
Zum Beispiel die Texte von Fulbert Steffensky. Ihn habe ich im Rahmen einer Ausbildung einmal persönlich kennengelernt, und das gehört mit zu den wichtigen Momenten in meinem Leben. Im Kalender gibt er mir einen Gedankenanstoß durch: „Alles hat seine Zeit“: früher gab die Natur uns Grenzen vor, wie Tag und Nacht, Sommer und Winter. Wir richteten uns darauf ein und freuten uns umso mehr über den Tagesanbruch oder das erste frische Obst und Gemüse. Viele solcher Grenzen haben wir heute überwunden, aber es geht uns damit nicht unbedingt besser. Fulbert Steffensky sagt: „Grenzen, die die Freiheit schützen, müssen wir neu erfinden“.
Effizienz oder Sinn
Bei mir ins Schwarze getroffen hat Steffenskys Anregung zu dem Wochenmotto: „Nicht sofort drauflos schaffen“. Er interpretiert einen sehr schönen Text aus dem Lukasevangelium, der von den Schwestern Marta und Maria handelt, bei denen Jesus zu Gast ist. Marta ist emsig und bemüht sich ununterbrochen um das Wohl des Gastes. Maria ist müßig, versunken, und sie hört zu. Kann zuhören. Fulbert Steffensky erklärt: Es ist leichter, Marta zu spielen als Maria, denn wir verwechseln gerne Effizienz mit Sinn. Viele von uns sind „verliebt in ihre lustvolle Gejagtheit, wenn wir sie auch lauthals beklagen“. Sein Rat: Täglich einmal eine Viertelstunde still sitzen und „Maria sein“. Mir hat der Satz bereits gutgetan „Nicht sofort drauflos schaffen“ (was für ein langes Wort) – allein diesen kleinen Satz zu lesen, hat für mich in der Woche viel verändert.
Impulse gegen das „Sofort“
„Sofort“, so Fulbert Steffensky, ist aggressiv und eines der Grundwörter der Gier. Kein Wort der Freiheit, sondern des Zwangs. Das macht der Kalender eindrücklich deutlich. Viele weitere gute Impulse stecken darin. So wie der von Beppo Straßenkehrer aus dem Roman „Momo“, der nichts sofort entscheiden will, um nichts Unwahres zu sagen, lange mit seiner Antwort zögert und daher für wunderlich gehalten wird. Oder das Zitat von Kurt Tucholsky, der die Multitasking-Geschäftsleute seiner Zeit mit dem schönen Begriff „Zappelnde Nichtstuer“ aufspießt. Oder die Anregung von Matthias Brandt, der morgens viel früher aufsteht, um dann so zu tun, als hätte er Zeit. Er liest und hört Musik und macht Dinge, die um vier Uhr morgens absurd sind, die ihm jedoch das Gefühl von Sinn und Selbstbestimmung geben.
Und dieses Zitat von Elke Heidenreich finde ich einen schönen Schlusssatz für meinen Blog: „Der Sinn des Lebens kann doch nicht sein, eine aufgeräumte Wohnung zu hinterlassen.“