Man kann seine Bücher und Artikel lesen oder sich in der Praxis mit seinen Methoden der Kulturtransformation beschäftigen. Das alles bringt gute Erkenntnisse – ist aber kein Vergleich zu dem Erlebnis, Richard Barrett selbst zu begegnen. Dieser Mann strahlt eine Wachheit und Wertschätzung aus, wie man sie selten findet. Damit verkörpert er höchstpersönlich die Quintessenz seiner Thesen: “When you Care about People … People Care about You!”
Gelegenheit zum Kennenlernen von Richard Barrett gab es am 19. April in Frankfurt gleich zweimal. Die 30 Teilnehmer eines Impulsworkshops, den ich zusammen mit meiner Kollegin Heike Heeg organisiert und moderiert habe, hörten eine inspirierende Keynote, erhielten sein Feedback bei verschiedenen Übungen und plauderten mit ihm in den Pausen. Zur Abendveranstaltung des Frankfurter Rings in Kooperation mit changemanagement.biz waren dann 60 Gäste zu Richard Barretts Vortrag “Werte wandeln & Unternehmenskultur gestalten” gekommen. Sie alle erlebten einen aufgeräumten und gelassenen Richard Barrett, dessen unterhaltsam präsentierte Botschaften nachhaltig beeindruckten.
Wertschätzende Organisationen
Ein wichtiger Grundsatz: Organisationen verändern sich nicht, nur Menschen verändern sich. Daher lassen sich Organisationen nicht von der Gesellschaft oder dem Menschen trennen. Wer bin ich – zu Hause oder bei der Arbeit? Diskrepanzen zwischen beiden Welten können Mitarbeiter krank machen. Kümmern sich Unternehmen hingegen um die Bedürfnisse ihrer Leute, so beflügelt dies nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg. Nicht umsonst sind die US-Top 40 “Best Companies to Work For” rund viermal so profitabel wie die 500 nach Standard & Poor’s größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen.
Eine wertschätzende Unternehmenskultur sollte also Bestandteil der Unternehmensstrategie sein? Falsch, sagt Barrett und genießt dabei die Verblüffung der Zuhörer. Eine Strategie, die nicht in Werten verankert ist, funktioniert sowieso nicht. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Unternehmenskultur IST die Strategie. “Culture eats Strategy for Breakfast”, mit diesem Satz von Peter Drucker bringt Barrett es auf den Punkt.
Was wir brauchen, das ist uns wertvoll
Was sind Werte und wie entstehen sie? Barrett schlägt einen Bogen zur Entwicklung der Persönlichkeit und ihrer jeweiligen Bedürfnisse, angelehnt an die Maslowsche Bedürfnispyramide. Das, was wir brauchen, ist uns wertvoll, und unsere Werte verändern sich im Laufe unseres Lebens, weil sich unsere Bedürfnisse verändern. Nicht erfüllte Bedürfnisse in frühen Entwicklungsphasen hängen uns ein Leben lang nach und äußern sich später in potenziell limitierenden Werten, z. B. Neid, Kontrolle oder dem Bedürfnis, geliebt zu werden.
Barrett veranschaulicht das mit einem verblüffenden Beispiel: Donald Trump. Anhand von Trumps Büchern zu Leadership hat Barrett analysiert, was diesen Politiker antreibt. Denn Menschen schreiben Bücher von dem Level aus, auf dem sie sich gerade befinden. Viele von Trumps Motivationsfaktoren sind im Bereich Eigeninteresse verortet, was sich aus seiner Biografie erklären lässt. Dabei werden positive von potenziell limitierenden Faktoren begleitet: Siegeswillen und Disziplin von Selbstdarstellung, Rücksichtslosigkeit und Rache – eine toxische Mischung, wie Barrett feststellt.
Das Ego sucht nach Sinn – die Seele kennt ihn
Weg vom Ego, hin zur Seele, lautet das Credo von Richard Barrett. Die Verbindung zur eigenen Seele zu spüren, die Stimme der Seele zu verstehen und ihr zu trauen, das ist für ihn der Schlüssel zu Gelassenheit und Glück. Auf der Seelenebene sind alle Menschen miteinander verbunden. Wer sich durch seine Seele leiten lässt, hat keine Angst und macht keine Fehler, denn die Seele kennt den Sinn des Lebens. “Habt ihr eine Seele?” fragt er die Zuhörer verschmitzt, nur um sie gleich über ihren Irrtum aufzuklären: “You have no soul – your soul has you!”